Menu mobile menu

Warum Languren Salzwasser trinken können

Bioinformatiker und Genetiker Liye Zhang erhält DPZ-Promotionspreis für herausragende Doktorarbeit
Der Cat Ba-, oder Goldkopf-Langur kommt nur in den Kalksteinbergen des Cat-Ba-Nationalpark in Vietnam vor. Er ist stark gefährdet, es existieren nur noch 76 Individuen (letzte Zählung aus 2023). Cat Ba-Languren stehen damit auf der Liste der „25 am stärksten bedrohten Primaten der Welt“. Foto: Nguyen van Truong
Dr. Liye Zhang ist seit 2020 Wissenschaftler in der Abteilung Primatengenetik am Deutschen Primatenzentrum. Foto: Katharina Diederich
Dr. Liye Zhang ist seit 2020 Wissenschaftler in der Abteilung Primatengenetik am Deutschen Primatenzentrum. Foto: Katharina Diederich

Liye Zhang erhält den Promotionspreis des Deutschen Primatenzentrums – Leibniz-Institut für Primatenforschung für seine Arbeit über die Hybridisierung zwischen Arten und die Anpassung von Affen an ihre Lebensräume. So können die vom Aussterben bedrohten Cat Ba Languren dank ihrer genetischen Anpassungsfähigkeit Salzwasser trinken. Die Preisverleihung durch den Förderkreis des Deutschen Primatenzentrums findet am 29. Mai 2024 um 17 Uhr im Michael-Lankeit-Hörsaal im Deutschen Primatenzentrum statt.

Liye Zhang beschäftigte sich im Rahmen seiner Doktorarbeit mit den Genomen verschiedener Primatenarten. Er suchte nach Hinweisen auf Hybridisierung zwischen Arten. Die Hybridisierung zwischen zwei eng verwandten Arten ist ein natürlicher Prozess, der zur Vermischung von zuvor isolierten Genpools führt. Außerdem interessierte er sich dafür, wie sich verschiedene Arten im Laufe der Evolution an ihre jeweiligen Lebensraumbedingungen angepasst haben. Während seiner Forschungsarbeit hat Zhang Daten ausgewertet, die Einblicke in verschiedene Fälle von genomischer Anpassung an Lebensstil und Umweltbedingungen bei unterschiedlichen Affenarten lieferten.

Zhang habe in seiner Dissertation moderne Methoden auf klassische Fragestellungen der Evolutionsbiologie angewandt und dabei beeindruckende Aussagen über die Anpassungsfähigkeit von Arten an ihre Umwelt und die Schärfe von Artgrenzen gemacht, begründete der Wissenschaftliche Beirat des Deutschen Primatenzentrums die Entscheidung für den diesjährigen Förderpreis.

Seltener Cat Ba Langur zeigt Phänomen der Anpassungsfähigkeit

Der Cat Ba Langur, benannt nach seinem einzigen Verbreitungsgebiet, der Insel Cat Ba im Norden Vietnams, ist eine vom Aussterben bedrohte Primatenart. Zhang fand in seiner Doktorarbeit heraus, dass der Cat Ba Langur eine extrem geringe genetische Vielfalt aufweist. Das wird mit geringem Fortpflanzungserfolg und erhöhter Krankheitsanfälligkeit in Verbindung gebracht. Zhangs Daten zeigen jedoch auch, dass die genetische Vielfalt in funktionell wichtigen Regionen des Languren-Genoms teilweise erhalten geblieben ist. Daraus lässt sich schlussfolgern, das Arten mit kleinen Populationsgrößen und insgesamt geringer genetischer Vielfalt dennoch in funktionell wichtigen Regionen ihre genetische Vielfältigkeit bewahren können. „Dies ermöglicht es den Languren, sich an veränderte Bedingungen anzupassen und macht sie damit weniger anfällig für Umweltveränderungen“, sagt Liye Zhang. Ein ganz typisches Merkmal der Cat Ba Languren, das sie von anderen Langurenarten unterscheidet, ist ihre Fähigkeit, Salzwasser zu trinken. Da ihr einziger natürlicher Lebensraum die Insel Cat Ba ist, scheinen sich diese Languren an ihre Umgebung, also an das Salzwassertrinken, angepasst zu haben. Und so auch ihre Gene: Zhangs Forschung zeigt, dass bestimmte Gene wahrscheinlich die Toleranz gegenüber dem Salzwasser erhöht haben. „Ihre Anpassungsfähigkeit macht die Tiere einzigartig und unterstreicht die Bedeutung des Schutzes dieser stark gefährdeten Primatenart“, sagt Zhang.

Komplexe Evolutionsgeschichte bei Pavianen

Als Teil eines internationalen Forscherteams untersuchte Liye Zhang das Erbgut von 225 Pavianen aus allen sechs Arten. Das Team fand heraus, dass Genfluss zwischen Arten und lokalen Populationen einer Art in den unterschiedlichsten Regionen Afrikas vorkommt und dies sehr viel häufiger geschah und immer noch geschieht als bisher angenommen. Zudem konnten die Forschenden beweisen, dass Paviane in Südwest-Tansania eine Mischung aus drei Arten darstellen. Unüblich, da an Hybridisierungsereignissen normalerweise zwei und nicht drei Arten beteiligt sind. Insgesamt zeigt die Arbeit, dass die Evolutionsgeschichte von Pavianen sehr komplex ist und der des frühen Menschen in Afrika wohl sehr nahe kommt.

Zur Person

Seinen Bachelor in Biologie absolvierte der 29-jährige Liye Zhang an der Lanzhou Universität in China. Schon im Masterstudiengang spezialisierte er sich an der University of Chinese Academy of Sciences auf die genetischen Strukturen bei Primaten. Seit 2020 forscht Liye Zhang in der Abteilung Primatengenetik am Deutschen Primatenzentrum. Im vergangenen November verteidigte er erfolgreich seine Doktorarbeit mit dem Titel „Genomics and Adaptation in Primates“. Liye Zhang hat seine Studien unter anderem in der renommierten Wissenschaftszeitschrift „Science“ publiziert. 

Promotionspreis

Der Förderkreis des Deutschen Primatenzentrums zeichnet mit dem Promotionspreis herausragende Doktorarbeiten aus, in denen Studien an Primaten eine zentrale Rolle spielen. Der Preis ist mit 1000 Euro dotiert und wird durch die MacLean-Erkelenz-Stiftung unterstützt.

Für seine außerordentliche Leistung bekommt Liye Zhang am 29. Mai 2024 um 17 Uhr im Deutschen Primatenzentrum, Kellnerweg 4, in Göttingen, den Promotionspreis verliehen und hält in diesem Rahmen einen Vortrag über seine Forschungsergebnisse in englischer Sprache.