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HIV-Forschung: Viren-Herkunft beeinflusst Infektionsfähigkeit

Infektionsbiologen zeigen, dass HI-Viren aus unterschiedlichen Wirtszellen in ihrer Infektiosität und Resistenz variieren
Eine computergenerierte, vereinfachte Darstellung von HIV-Partikeln. Quelle: Shutterstock BioMedical
Prof. Dr. Stefan Pöhlmann, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am Deutschen Primatenzentrum. Foto: Karin Tilch
Prof. Dr. Stefan Pöhlmann, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am Deutschen Primatenzentrum. Foto: Karin Tilch
Prof. Dr. Christina B. Karsten, Universität Duisburg-Essen Foto: Frank Preuß
Prof. Dr. Christina B. Karsten, Universität Duisburg-Essen Foto: Frank Preuß

Ein Forschungsteam um Stefan Pöhlmann vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) und Christina Karsten von der Universität Duisburg-Essen hat herausgefunden, dass die Art der Zellen, in denen ein Virus entsteht, dessen Infektionsfähigkeit beeinflussen kann. Die Herkunftszellen beeinflussen auch die Widerstandsfähigkeit gegen Antikörper sowie gegen Lektine, Zucker-bindende Proteine mit potentiell therapeutischem Nutzen. Das Team hat in Zellkulturversuchen mit dem SI-Virus – einem Modellvirus für HIV – eine mögliche Erklärung für die unterschiedlich starke Infektiosität und Resistenz der Viren gefunden. Das könnte zur Entwicklung von besseren Behandlungsmethoden von HIV führen.

Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel und sind deshalb auf Wirtszellen angewiesen, die sie nutzen, um ihre Virusbestandteile zu produzieren. HI-Viren vermehren sich vorzugsweise in CD4+ T-Zellen und Makrophagen des Immunsystems.

In Zellkulturversuchen mit dem SI-Virus konnten die Forschenden zeigen, dass die Widerstandsfähigkeit von Viren gegen Lektine und Antikörper maßgeblich durch den Typ dieser Wirtszellen beeinflusst wird. Diese Beobachtung lässt sich möglicherweise dadurch erklären, dass je nach Zelltyp die aus Zuckern bestehende Schutzhülle des viralen Hüllproteins unterschiedlich zusammengesetzt wird. Das Hüllprotein von HIV ist essentiell für die Bindung und Fusion des Virus an nicht-infizierte Zellen.

Die Zuckerstrukturen, sogenannte Glykane, sitzen auf dem Hüllprotein des Virus und schützen es vor der Erkennung durch das Immunsystem. Die exakte molekulare Zusammensetzung dieser Glykane durch die wichtigen Virusproduzentenzellen, Makrophagen und CD4+ T-Zellen, war bisher unbekannt.

„Wir konnten zeigen, dass die Gykane in unterschiedlichen Mengen eingebaut werden“, erklärt Stefan Pöhlmann, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am DPZ. „Dieses variierende Erscheinungsbild ist davon abhängig, aus welcher Art von Zellen das SI-Virus stammt.“

SIV kann, ähnlich wie HIV, sowohl CD4+ T-Zellen als auch Makrophagen befallen und sich in diesen vermehren. Makrophagen sind weiße Blutkörperchen und als sogenannte Fresszellen genauso wie CD4+ T-Zellen ein wichtiger Teil des Immunsystems.

„Viren, die sich in den Makrophagen entwickelt haben, zeigten eine höhere Infektionsfähigkeit“, so Christina Karsten vom Institut für die Erforschung von HIV und AIDS-assoziierten Erkrankungen am Universitätsklinikum Essen und der Universitätsmedizin Essen. „Viren, die aus den sogenannten CD4+ T-Zellen stammen, waren empfindlicher gegenüber bestimmten Lektinen, während das Virus aus Makrophagen leichter durch Antikörper enthaltende Seren neutralisiert werden konnte.“

Die Forschenden hoffen, dass ihre neu gewonnenen Erkenntnisse zur Entwicklung neuer HIV-Therapien beitragen können.

Originalpublikation

Karsten CB, Buettner FFR, Cajic S, Nehlmeier I, Roshani B, Klippert A, Sauermann U, Stolte-Leeb N, Reichl U, Gerardy-Schahn R, Rapp E, Stahl-Hennig C, Pöhlmann S (2024): Macrophage- and CD4+ T cell-derived SIV differ in glycosylation, infectivity and neutralization sensitivity. PLOS Pathogens 20 (5): e1012190. https://doi.org/10.1371/journal.ppat.1012190

Redaktion: Dr. Milena Hänisch, Referat für Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit der Medizinischen Fakultät Universität Duisburg-Essen