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Waldverlust zwingt Languren zu Kreuzungen zwischen Arten

Neue Gefahr für bedrohte Primaten
Ein junger Hybridlangur im Rema-Kalenga Wildlife Sanctuary, Bangladesch. Man kann leicht die morphologischen Merkmale beider Elternarten erkennen, beispielsweise die weißen Augenringe der Phayre-Brillenlanguren und das goldbraune Brusthaar der Kappenlanguren. Foto: Auritro Sattar
Ein erwachsenes Kappenlangurenweibchen, welches die Mutter des Hybriden ist, mit einem weiteren neugeborenen Baby. Foto: Rasel Debbarma
Ein erwachsenes Kappenlangurenweibchen, welches die Mutter des Hybriden ist, mit einem weiteren neugeborenen Baby. Foto: Rasel Debbarma
Ein erwachsener männlicher Phayre-Brillenlangur, der Vater des Hybriden. Foto: Rasel Debbarma
Ein erwachsener männlicher Phayre-Brillenlangur, der Vater des Hybriden. Foto: Rasel Debbarma
Tanvir Ahmed ist promovierender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Primatengenetik. Foto: Shimul Nath
Tanvir Ahmed ist promovierender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Primatengenetik. Foto: Shimul Nath
Prof. Dr. Christian Roos (links) ist Wissenschaftler in der Abteilung Primatengenetik und Dr. Dietmar Zinner ist leitender Wissenschaftler in der Abteilung Kognitive Ethologie am DPZ. Foto: Jana Wilken
Prof. Dr. Christian Roos (links) ist Wissenschaftler in der Abteilung Primatengenetik und Dr. Dietmar Zinner ist leitender Wissenschaftler in der Abteilung Kognitive Ethologie am DPZ. Foto: Jana Wilken

Forschungsergebnisse des Deutschen Primatenzentrums – Leibniz-Institut für Primatenforschung - zeigen eine bedrohliche Entwicklung für zwei gefährdete Primatenarten in Bangladesch: Phayre-Brillenlanguren (Trachypithecus phayrei) und Kappenlanguren (Trachypithecus pileatus). In gemischten Gruppen dieser beiden Arten wurden bereits Hybride gefunden und genetisch bestätigt. Wenn die Hybridisierung anhält, könnte dies das Aussterben einer oder beider Arten bedeuten (International Journal of Primatology).

Fünf Jahre lang (2018-2023) untersuchte ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Tanvir Ahmed, Doktorand am Deutschen Primatenzentrum, die Langurenpopulationen im Nordosten Bangladeschs. Sie fanden heraus, dass acht der 98 untersuchten Langurengruppen aus Phayre- und Kappenlanguren bestanden und in drei Gruppen einige Individuen als eine Mischung der beiden Arten auftraten. Später analysierten die Forscher genetische Proben dieser Tiere im Labor des Deutschen Primatenzentrums und bestätigten einen Fall von Hybridisierung. Dieser Langur hatte eine Kappenlanguren-Mutter und einen Phayre-Brillenlanguren-Vater. Ein anderes Weibchen, das wie ein Hybrid aussah, zeigte Anzeichen von Mutterschaft, was darauf hindeutet, dass zumindest weibliche Hybriden fruchtbar sind und Junge zur Welt bringen können.

Hybridisierung: Ein noch seltenes, aber weltweit wachsendes Problem

Hybridisierung ist bei Primaten im Allgemeinen selten, kommt aber in Gebieten vor, in denen sich die Verbreitungsgebiete verwandter Arten überschneiden. Menschliche Aktivitäten wie die Abholzung von Wäldern, die Fragmentierung von Lebensräumen und Jagd führen zu einer Ausdünnung der Populationen und schränken die Wanderungen von Individuen zwischen lokalen Populationen ein. Dies kann das Risiko von Hybridisierung erhöhen. Tanvir Ahmed, Hauptautor der Studie, sagt: „Die Existenz fruchtbarer Hybriden ist besonders alarmierend, weil sie darauf hindeutet, dass der Genfluss zwischen diesen beiden gefährdeten Arten ihre künftige genetische Zusammensetzung irreversibel beeinflussen könnte”. Christian Roos, leitender Wissenschaftler der Studie, unterstreicht die globale Bedeutung der Forschungsergebnisse: „Dies ist nicht nur ein lokales Problem. Wenn Lebensräume zerstört werden, bilden Tiere häufig gemischtartliche Gruppen, und es kann zu Hybridisierung kommen. Dies kann sogar das Aussterben einer oder beider Arten bedeuten.“

Dringender Handlungsbedarf: Waldschutz und Forschung als Schlüssel für Erhaltungsstrategien

Die Studie hat auch gezeigt, dass gut geschützte Wälder eine höhere Populationsdichte von Languren aufweisen als weniger geschützte Wälder. Allerdings sind diese Wälder oft zu klein, zu isoliert und fragmentiert, um das langfristige Überleben der Arten zu sichern. „Der Schutz der Wälder muss zu einer nationalen Priorität in Bangladesch werden. Wenn wir jetzt nicht handeln, laufen wir Gefahr, nicht nur zwei Affenarten zu verlieren, sondern auch einen wichtigen Teil der biologischen Vielfalt Bangladeschs“, sagt Tanvir Ahmed. Neben dem Schutz der Wälder ist kontinuierliche Forschung erforderlich, um die Auswirkungen der Hybridisierung besser zu verstehen und geeignete Schutzstrategien zu entwickeln. Dietmar Zinner, Mitautor der Studie, fasst zusammen: „Diese Studie ist ein Weckruf. Wir brauchen mehr Daten, um wirksame langfristige Erhaltungsstrategien für betroffene Arten zu entwickeln. Weitere Forschungen werden uns helfen, das Ausmaß der Hybridisierung und die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten zu verstehen und die schlimmsten Folgen zu verhindern“.

Mit weniger als 500 Phayre-Brillenlanguren und 600 Kappenlanguren im Nordosten Bangladeschs läuft die Zeit für diese Arten ab. Ihr Überleben hängt von sofortigen Maßnahmen ab, die sowohl die Erhaltung der Wälder als auch die Schaffung von Ausbreitungskorridoren zwischen den Wäldern für die beiden Arten umfassen.

Die nächsten Schritte

Im Rahmen seines vom Deutschen Primatenzentrum und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst geförderten Promotionsprojekts konzentriert sich Tanvir Ahmed nun auf eine groß angelegte genetische Untersuchung von Langurenpopulationen und deren Anfälligkeit für den Klimawandel. Die Ergebnisse sollen zu einem angepassten Aktionsplan für den Schutz der Languren in Bangladesch beitragen.

Originalpublikation

Ahmed T, Hasan S, Nath S, Biswas S, Mithu AI, Debbarma H, Debbarma R, Alom K, Sattar A, Akhter T, Bari M, Siddik AB, Muzaffar SB, Zinner D, Roos C. (2024). Mixed-species groups and genetically confirmed hybridization between sympatric Phayre’s langur (Trachypithecus phayrei) and capped langur (T. pileatus) in northeast Bangladesh. International Journal of Primatology. https://doi.org/10.1007/s10764-024-00459-x