Herzlich Willkommen...
... in der Primatenhaltung des Deutschen Primatenzentrums (DPZ). Meine Name ist Uwe Schönmann. Ich bin Biologe und der Koloniemanager in der Primatenhaltung am DPZ. Folgen Sie mir auf meinem Rundgang durch verschiedene Haltungsbereiche des DPZ und erfahren Sie mehr über die tägliche Arbeit unserer Tierpfleger, Tierärzte und Wissenschaftler. Dabei möchte ich Ihnen einen Einblick in die Arbeit mit Primaten für die Forschung am DPZ ermöglichen.
- Klicken Sie auf die grünen Marker, um mehr Informationen zu bekommen.
- Klicken Sie auf ein Rechteck, um in eine Szene zu zoomen und Informationen abzurufen.
- Klicken Sie auf die Pfeile, um vor und zurück zu navigieren.
Der Koloniemanager
Lernen Sie den Koloniemanager und seine Arbeit kennen
Hallo, mein Name ist Uwe Schönmann und ich freue mich, dass Sie mich auf meiner Tour durch unsere Haltungsbereiche begleiten. Ich möchte Ihnen gerne einen Einblick in unsere Haltungs- und Zuchtbereiche geben. Dabei erfahren Sie auch, welche Anstrengungen wir unternehmen, um unseren hochsensiblen Tieren die bestmöglichen Lebensbedingungen zu bieten. Als Koloniemanager bin ich verantwortlich für das Management aller Primatengruppen, die im DPZ gehalten werden. Wichtigster Aspekt meiner täglichen Arbeit ist dabei, die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Tiere zu kontrollieren. Dies tue ich in enger Zusammenarbeit mit unseren Tierärzten und Tierpflegern. Mit den Wissenschaftlern und Tierärzten am DPZ diskutiere und stimme ich ab, welche Tiere für die Forschung zum Einsatz kommen und wie wir die Haltungsbedingungen und das Wohlbefinden der Tiere verbessern können. Dabei handeln wir nach dem Prinzip der drei R, welches kontinuierlich seit seiner Einführung vor über 50 Jahren weiter entwickelt wird. Die drei R stehen für:
- Replacement (Ersetzen)
- Entwicklung von Methoden, die die Verwendung von lebendigen Tieren in der Forschung vermeiden und ersetzen.
- Reduction (Reduktion)
- Entwicklung von Methoden, die die Anzahl von lebenden Tieren in der Forschung reduzieren.
- Refinement (Verbesserung)
- Verwendung von Methoden, die das Leiden der Tiere in Versuchen reduzieren und das Wohlergehen der Tiere verbessern.
Die meisten unserer Tiere bleiben ihr Leben lang am DPZ, aber wir geben auch Tiere oder biologisches Material von Tieren an andere Forschungseinrichtungen ab.
Außengehege
Was ist ein Primat und was ist ein nichtmenschlicher Primat?
Ein Primat ist ein Säugetier aus der Ordnung der Primaten. Lemuren, Loris, Tarsier, Affen, Menschenaffen und auch Menschen gehören zu den Primaten. Als nichtmenschliche Primaten bezeichnet man alle Primaten mit Ausnahme des Menschen.
Wie viele Tiere und wie viele Primatenarten werden am DPZ gehalten?
Zur Zeit hält das DPZ ungefähr 1300 nichtmenschliche Primaten. Diese gehören sieben verschiedenen Primatenarten an. Mehr als 75 Prozent davon sind entweder Rhesusmakaken (Macaca mulatta) oder Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus). Dazu kommen kleinere Kolonien von Mantelpavianen (Papio hamadryas), Javaneraffen (Macaca fascicularis), Kattas (Lemur catta), Schwarzweißen Varis (Varecia variegata) und Grauen Mausmakis (Microcebus murinus). Menschenaffen, wie beispielsweise Gorillas, Orang Utans oder Gibbons, halten wir nicht am DPZ, weil mit solchen Tieren in ganz Europa keine biomedizinischen Versuche gemacht werden.
Warum werden Primaten am DPZ gehalten?
Am DPZ werden Primaten gezüchtet und gehalten. Ein Teil der Tiere wird für die Forschung am DPZ eingesetzt oder an andere wissenschaftliche Einrichtungen abgegeben. Die meisten Tiere leben im Familienverband in Zuchtgruppen. Nichtmenschliche Primaten sind hochentwickelte Säugetiere und nahe mit uns Menschen verwandt. Sie sind daher ideale Modellorganismen zur Untersuchung von menschlichen Krankheiten und komplexen neuronalen Prozessen. Ihre Flexibilität im Sozialverhalten und ihre Anpassungsfähigkeit an viele verschiedene Ökosysteme machen nichtmenschliche Primaten ebenfalls zu geeigneten Studienobjekten in der Evolutions- und Verhaltensforschung. Die Primatenhaltung des DPZ dient dabei auch als Service-Einheit und ermöglicht Forschern und Forschungsinstitutionen Zugang zu Primaten, aber auch zu qualitativ hochwertigem, biologischem Material von Primaten über die Biobank.
Was ist eine Biobank?
Forschung an nichtmenschlichen Primaten bedingt manchmal auch das Einschläfern von Tieren. Die Tiere beziehungsweise verschiedene Gewebe der Tiere, werden daraufhin archiviert und unter Kühlung aufbewahrt. Da es sehr schwierig ist, hochqualitatives biologisches Material von Primaten zu bekommen, stellen solche Gewebeproben eine wertvolle Ressource für viele Wissenschaftler dar. Gerade für die biomedizinische Forschung brauchen Labore sehr oft Gewebematerial in hoher Qualität, aber auch das Wissen über die genetische Herkunft der Probe oder die medizinische Geschichte der Tiere, von denen die Probe stammt. Das Archivieren der Proben in einer Biobank und die Bereitstellung für andere Institutionen folgt dem Prinzip der 3 R (Reduction, Replacement, Refinement) und reduziert oft die Verwendung von weiteren Tieren in der Forschung.
Schuhe
Warum müssen beim Betreten des Haltungsbereichs die Schuhe gewechselt werden?
Bevor jemand die Gehegebereiche betritt, muss er seine Schuhe wechseln. Das können beispielsweise Tierpfleger oder Tierärzte sein. Der Schuhwechsel verhindert, dass Bakterien, Viren und andere Keime in die Zuchtbereiche gelangen. Für die Arbeit mit nicht-humanen Primaten ist das besonders wichtig, da sie sich wegen der Ähnlichkeit zum Menschen schnell mit menschlichen Infektionskrankheiten anstecken können, zum Beispiel mit Tuberkulose oder Windpocken.
Schutzkleidung
Warum muss Schutzkleidung getragen werden?
Hygiene und Gesundheit unserer Tiere sind das Allerwichtigste für uns. Deshalb verfügen die Haltungsbereiche über modernste Mittel, um unsere Tiere vor Krankheiten und Infektionen zu schützen. Jeder, der den Haltungsbereich betritt, muss in einer Schleuse (Umkleide) seine Kleidung wechseln. Die Schleuse unterteilt den Außenbereich räumlich vom Haltungsbereich und reduziert so zusätzlich die Wahrscheinlichkeit, dass Krankheitserreger in den Haltungsbereich zu den Tieren gelangen.
Warum gibt es in der Schleuse (Umkleide) eine Dusche und Waschmaschinen?
Die Schleuse ist mit einer Dusche ausgestattet. Wenn Tierpfleger mit unterschiedlichen Tierarten am selben Tag arbeiten, müssen Sie sich zwischendurch duschen und ihre Kleidung wechseln. Dies schließt die Übertragung von Krankheitserregern von einer Art auf die andere aus.
Um die Wahrscheinlichkeit von Krankheitserregern in der Haltung zu verringern, soll die Arbeitskleidung niemals den Haltungsbereich verlassen. Deshalb gibt es in der Schleuse Waschmaschinen und damit die Möglichkeit, die Arbeitskleidung direkt dort zu waschen.
Technik
Wie kann Technologie zur Gesundheit und dem Wohlergehen der Tiere beitragen?
Unterschiedliche Primatenarten benötigen unterschiedliche klimatische Bedingungen. Mit Hilfe modernster Technik können wir die Belüftung, Feuchtigkeit und Temperatur in den Gehegen steuern und kontrollieren. Dies erlaubt es uns, optimale Haltungsbedingungen für unsere Tiere einzustellen. Für die nachtaktiven Grauen Mausmakis beispielsweise können wir so auch den Tages und Nachtrhythmus steuern um ihr natürliches Verhalten während des Tages zu studieren. Fällt das System einmal aus, gibt es ein Alarmsystem, welches das Problem anzeigt und Ersatzweise die Kontrolle der klimatischen Bedingungen in der Haltung übernimmt.
Einstreu
Wozu dient die Einstreu?
Die Einstreu (Stroh oder Holzspäne), die auch in jeder Zootierhandlung Verwendung findet, hat vor allem die Aufgabe Urin und Kot aufzusaugen und das Gehege trocken und sauber zu halten. Während der täglichen Säuberung entfernen die Tierpfleger verschmutzte Einstreu und geben frische hinzu. Während dieser Zeit können die Tierpfleger auch Kotproben der Tiere sammeln, welche zur Kontrolle des Hormon- und Gesundheitsstatus der Tiere beitragen. Daneben ist die Einstreu aber auch eine Bereicherung der Umwelt (environmental enrichment), da die Tiere sich mit der Einstreu beim Spielen und während der Nahrungsaufnahme beschäftigen.
Tierpfleger
Was sind die Aufgaben der Tierpfleger?
Die Pflege von nichtmenschlichen Primaten, die für Forschungszwecke gehalten werden, setzt ein hohes Maß an Engagement und Verantwortung voraus. Unsere Tierpfleger benötigen ein hohes Verständnis und Wissen über das Verhalten, die Anatomie und Physiologie von Primaten, um optimale Haltungsbedingungen für die Tiere und damit auch optimale Bedingungen für die Wissenschaft zu schaffen. Die Arbeit der Tierpfleger ist sehr variabel. Neben der Säuberung der Gehege und dem Füttern kümmern sich die Tierpfleger auch um die Bereicherung der Umwelt und das Training der Versuchstiere. Jedes Tier wird täglich mindestens einmal von den Tierpflegern beobachtet, eventuelle Auffälligkeiten werden protokolliert. Sorgfältige Dokumentation ist extrem wichtig, damit wir schnell auf abnormales Verhalten oder Anzeichen von Krankheiten reagieren können. Im Vergleich zu Zoos haben die Tierpfleger am DPZ weniger direkten Kontakt zu den Tieren, da die Tiere sich nicht zu stark an den Menschen gewöhnen sollen.
Hochdruckreiniger
Wie oft werden die Gehege gereinigt?
Die Tierpfleger reinigen die Gehege jeden Tag. Für jede Tiergruppe in der Kolonie stehen dabei eigene Materialien und Geräte zur Verfügung. Dies verringert die Wahrscheinlichkeit, potentielle Krankheitserreger von einer Gruppe auf die andere zu übertragen. Je nachdem, wie schmutzig die Anlage ist, wird der Innenbereich der Gehege mindestens einmal im Monat mit einem Hochdruckreiniger gesäubert.
Hebel für Außenklappe
Wozu dient der Hebel?
Normalerweise können die Tiere sich frei zwischen Innen- und Außengehege bewegen. Der Hebel öffnet und schließt die Verbindung vom Innen- und Außengehege. Dies ist sehr nützlich um die Tiere zeitweise von einem Bereich fern zu halten – beispielsweise, wenn ein Bereich gesäubert werden muss oder die Tierpfleger ein neues Klettergerüst aufbauen wollen.
Bereicherung der Umgebung (environmental enrichment)
Was bedeutet „Bereicherung der Umgebung”?
Nichtmenschliche Primaten haben im Vergleich zu anderen Tieren ein großes Gehirn und sehr komplexe kognitive Fähigkeiten. Deshalb ist es sehr wichtig ihnen eine abwechslungsreiche Umgebung zu schaffen, die sie beschäftigt und nicht langweilt. Das nennt man „Bereicherung der Umwelt“ oder „environmental enrichment“. Sie stärkt die physische und psychische Gesundheit und verbessert das Wohlbefinden von Tieren in menschlicher Haltung. Eine solche Bereicherung ist wichtig für alle Tiere, die nicht in ihrer natürlichen Umgebung gehalten werden, aber besonders für nichtmenschliche Primaten, damit sie ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben können.
Warum ist Bereicherung der Umgebung notwendig?
Die Umgebung der Tiere komplex zu gestalten ist uns sehr wichtig. Dies fördert ein aktives Sozialleben der Tiere in der Gruppe. Neue Gegenstände in der Umgebung oder die Bereitstellung von Futter auf unterschiedliche Weise fördern den Geist und die Sinne der Tiere: Zum Beispiel Äste oder Seile, die erst neu entdeckt werden müssen und neue Klettermöglichkeiten für die Tiere darstellen. Die Tierpfleger verstecken oft das Futter, so dass sich die Tiere erst eine Weile mit der Aufgabe beschäftigen müssen, bevor sie ihre Belohnung bekommen.
Komplexe Umgebung contra Sicherheit und Gesundheit
Wenn ein neues Objekt in eine Gruppe eingeführt wird, so beobachten die Tierpfleger sorgfältig, wie das neue Objekt, beispielsweise ein Klettergerüst, von den Tiere angenommen wird. Sicherheit ist sehr wichtig und das neue Objekt darf natürlich keine Gefahr für die Tiere sein. Komplexität kann auch kontraproduktiv sein, beispielsweise, wenn zu viele Objekte vorhanden sind und die Tiere keine andere Wahl haben, als damit zu interagieren. Die Tiere haben bei uns immer die Wahl, ob sie mit dem neuen Objekt interagieren möchten oder nicht.
Tageslicht
Wie wichtig ist das Tageslicht für den Tag- und Nachtrhythmus?
Obwohl die Tiere aus den Zuchtgruppen sich frei zwischen Außen- und Innengehege bewegen können, sind die Innengehege mit großen Fenstern versehen. Die Tiere erhalten so ihren natürlichen Tag- und Nachtrhythmus, welcher durch das Sonnenlicht bestimmt wird. Das natürliche Tageslicht ist äußerst wichtig für die Gesundheit unserer Tiere.
Wand des Geheges
Richtlinien für die Nutzung und Haltung von Tieren für die Forschung
Jede Tierhaltung benötigt sorgfältige Planung und Begutachtung der Anlagen, in denen die Tiere gehalten werden. Deutschland, genauso wie die Europäische Union, hat strikte Regeln und Richtlinien für die Nutzung, Haltung und Zucht von Tieren für die Forschung, insbesondere von nichtmenschlichen Primaten. Die Wände eines Geheges müssen beispielsweise Sicherheitsaspekten und Hygieneaspekten folgen. Ebenso ist festgeschrieben, wie groß ein Gehege mindestens sein muss. Für die Haltung von Rhesusaffen sind das zum Beispiel 3,6 m3 pro Tier ab einem Alter von vier Jahren und eine Mindesthöhe des Geheges von 1,8 m (EU-Richtlinie 2010/63). Diese Platzanforderungen halten wir am Deutschen Primatenzentrum in jedem Fall ein und übertreffen sie sogar in den meisten Fällen noch.
Rhesusaffe
Was ist ein Rhesusaffe?
Der Rhesusaffe (Macaca mulatta) ist einer der bekanntesten und am häufigsten wissenschaftlich untersuchten Arten von nichtmenschlichen Primaten. Rhesusaffen leben in Asien, ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Afghanistan über Indien bis ins südliche China und Thailand. Rhesusaffen bewohnen eine breite Palette von Lebensräumen und sind dementsprechend äußerst anpassungsfähig. Seine nahe Verwandtschaft zum Menschen macht den Rhesusaffen zum idealen Kandidaten für die biomedizinische Forschung und für Fragen der menschlichen Gesundheit. Der Rhesusfaktor auf der Oberfläche von unseren roten Blutkörperchen (Erythrocyten) ist wahrscheinlich der bekannteste medizinische Durchbruch, der mit Hilfe von experimenteller Forschung an Rhesusaffen erreicht wurde. Von allen nichtmenschlichen Primaten ist der Rhesusaffe heute die am häufigsten verwendete Art in der biomedizinischen Forschung. Diese Forschung umfasst die Untersuchung von menschlichen Virusinfektionen wie HIV oder Ebola, aber auch neurobiologische und genetische Studien und auch Studien zum Verhalten.
Forschung mit Rhesusaffen am DPZ
Forschung mit Rhesusaffen am DPZ gibt es in den Sektionen Neurowissenschaften und Infektionsforschung. Während die Infektionsforscher Erkenntnisse zur Heilung von tödlichen menschlichen Krankheiten wie beispielsweise HIV, Ebola oder Hepatitis gewinnen, untersuchen die Forscher in der Sektion Neurowissenschaft die biologischen Prozesse im Gehirn bei der Durchführung und Planung von Bewegungen, vor allem bei Handbewegungen. Mehr Informationen dazu gibt es im folgenden Video.
Gegenseitige Fellpflege (grooming) und das Züchten von nichtmenschlichen Primaten
Was ist „Gegenseitige Fellpflege“ (grooming)?
Gegenseitige Fellpflege, auch grooming genannt, ist ein natürliches Hygieneverhalten aller nichtmenschlichen Primaten. Neben der Verminderung von Parasiten im Fell und der Haut hat es eine besondere Bedeutung für den Erhalt und den Aufbau von sozialen Beziehungen innerhalb einer Gruppe von Primaten.
Wie kann unser Wissen über die Sozialstruktur und das natürliche Verhalten von Tieren das Wohlbefinden und die Zucht der Tiere in Gefangenschaft verbessern?
Rhesusaffen leben in ihrer natürlichen Umgebung normalerweise in sogenannten Haremgruppen, bestehend aus einem dominanten Alpha-Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs. Wenn junge Männchen ein gewisses Alter überschreiten, wollen sie die Gruppe selbst übernehmen und das Alpha-Männchen verdrängen. Dies kann in Kämpfen um die Weibchen in der Gruppe enden. Wenn Sie es nicht schaffen die Gruppe zu übernehmen, wandern die jungen Männchen ab und suchen woanders nach einem eigenem Harem. Dies passiert normalerweise mit ungefähr drei Jahren. Aus diesem Grund werden in der Forschung nur junge Männchen mit einem Alter von rund drei Jahren eingesetzt. Wir machen uns also zu Nutze, dass die Tiere, die in Kleingruppenhaltung für die Versuche kommen, auch in der Natur in dieser Lebensphase in Kleingruppen von mehreren Männchen ihr Territorium durchstreifen würden. Von Zeit zu Zeit muss natürlich auch das Alpha-Männchen ausgetauscht werden. Wie in der Natur wird damit Inzucht in der Gruppe verhindert, dass sich also ein Männchen mit seinen eigenen Töchtern paart. Alte Weibchen bleiben in der Gruppe, auch wenn Sie sich nicht mehr fortpflanzen, da sie maßgeblich die Harmonie in der Gruppe mitbestimmen. Das Zuchtmanagement am DPZ benötigt sehr viel Erfahrung und sorgfältige Geburtenkontrolle, da wir keinesfalls mehr Tiere züchten möchten, als wirklich benötigt werden.
Gehegezaun
Gestaltung der Gehege
Nichtmenschliche Primaten bewegen sich normalerweise nicht nur auf dem Boden, sondern dreidimensional im Raum. Die Außengehege sind deshalb mit Maschendrahtzaun ausgestattet und nicht mit Fensterglas. Dies sieht vielleicht weniger schön aus, aber vergrößert noch einmal deutlich die nutzbare Umgebung der Tiere, da sie den Zaun zum Klettern nutzen können.
Spiel
Wie bestimmt die Umgebung das Verhalten der Tiere?
Unsere Gehege ermöglichen den Tieren, ihr natürliches Verhalten auszuleben: Verhalten wie Springen, Hüpfen, Rennen oder Hängen. Auch alle weiteren sozialen Verhaltensweisen zeigen die Tiere in unserer Haltung, etwa Spielen, Kuscheln, gegenseitige Fellpflege oder auch die Darstellung von Dominanz gegenüber anderen Tieren in der Gruppe, welche wichtig für alle Primatengesellschaften ist.
Futterwagen
Wie ernähren sich die Tiere?
Nichtmenschliche Primaten nutzen in der Natur viele unterschiedliche Futterquellen. Verschiedene Arten haben unterschiedliche Ernährungsweisen und sind manchmal sogar spezialisiert auf eine bestimmte Nahrung, wie Früchte, Blätter oder Baumsäfte. Abhängig von ihrer Nahrung müssen sie in der Natur ihr Futter bearbeiten und manchmal hohen Aufwand betreiben, um die nötigen Nährstoffe aufzunehmen. Um unsere Tiere mit allen notwendigen Nährstoffen zu versorgen und sie gleichzeitig zu natürlichen Verhaltensweisen zu ermutigen, füttern wir sie mit einer großen Vielfalt an Futtermitteln und Produkten. Sogenannte Pellets (Trockenfutter), wie sie in der Zoohandlung für Haustiere zu bekommen sind, stellen sicher, dass alle Tiere ausreichend Nährstoffe bekommen. Darüber hinaus füttern wir die Tiere mit allen möglichen Sorten an Früchten und Gemüse, aber beispielsweise auch mit Joghurt oder Haferflocken. Eine gut ausgewogene Kombination aus Proteinen, Kohlenhydraten, Mineralien und Vitaminen ist äußerst wichtig für die Gesundheit unserer Tiere.
Handschuhe
Hygiene während der Futterzubereitung
Hygiene hat höchste Priorität in der Primatenhaltung. Deshalb müssen die Tierpfleger während der Zubereitung des Futters Handschuhe tragen.
Futterplan
Zusatzfutter und Bereicherung der Umgebung
In der Natur müssen Primaten ihr Futter suchen beziehungsweise die Baumrinde oder verschiedene Früchte bearbeiten, bevor sie als Futter taugen. Oft brauchen die Affen großen Aufwand um alle nötigen Nährstoffe zu bekommen. Dies versuchen wir bestmöglich zu imitieren. Die Tierpfleger denken sich dazu regelmäßig neue Aufgaben für die Tiere aus. Zu wissen, für welches Futter die Tiere sich am intensivsten anstrengen, kann auch die Zusammenarbeit mit den Tieren deutlich erleichtern und verbessern. Zum Beispiel während medizinischer Behandlung oder dem Training für die Mitarbeit bei wissenschaftlichen Versuchen.
Ein gutes Beispiel dafür, wie Futter die Umgebung der Tiere bereichern kann, ist die Fütterung von Baumsäften in flüssiger Form oder ausgehärtet in Form von Gummi. Solche Baumsäfte spielen eine große Rolle für die Ernährung unserer Weißbüschelaffen in ihrer natürlichen Umgebung in Brasilien. In der Haltung kann dies ersetzt werden durch Gummi- Arabikum oder Baumsäfte von Akazien. Die Säfte werden in oder auf hängende Gegenstände oder Äste geschmiert und ermutigen die Tiere etwas für ihr Futter zu tun, wie sie es in der freien Natur auch tun müssten.
Tierarzt
Was sind die Aufgaben der Tierärzte?
Um die bestmögliche medizinische Versorgung unserer Tiere zu garantieren, beschäftigt die Primatenhaltung zwei Tierärzte. Zusätzliche Tierärzte arbeiten auch noch in den Forschungsabteilungen am DPZ. Wenn ein Tier erkrankt oder unnormales Verhalten zeigt, dann können wir an 365 Tagen im Jahr reagieren und die Tiere sofort behandeln. Alle Tiere in den Zuchtgruppen erhalten einmal im Jahr eine Grunduntersuchung, bei der sie geimpft werden und auf Parasiten, Würmer oder beispielsweise Tuberkulose untersucht werden. Tiere, die in Versuchen eingesetzt werden, werden täglich durch die Tierärzte untersucht.
Etwa einmal im Monat wird die Primatenhaltung und das DPZ ebenfalls von einem Tierarzt des Veterinäramtes Göttingen besucht. Bei diesem unangekündigten Besuch überprüft der Arzt den Gesundheitsstatus und das Wohlbefinden unserer Tiere und kontrolliert, ob die Richtlinien des Tierschutzgesetztes für die Haltung und Zucht von Primaten für die Forschung eingehalten werden.
Mikrochiplesegerät
Wie können wir unsere Tiere unterscheiden?
Zusätzlich zu richtigen Namen besitzen alle Tiere bei uns einen Mikrochip zur Identifikation. Der Mikrochip hat acht Ziffern und erlaubt es uns jedes Tier elektronisch eindeutig zu identifizieren. Ausgelesen wird der Chip mit einem Mikrochiplesegerät.
Weißbüschelaffen
Was ist ein Weißbüschelaffe?
Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus) sind Primaten aus der Gattung der Marmosetten (Callithrix). Die Verbreitung der Weißbüschelaffen ist beschränkt auf den Nordosten Brasiliens. Sie besitzen markante weiße Haarbüschel an den Ohren, die für den deutschen Namen verantwortlich sind. Weißbüschelaffen leben in der Natur in kleinen Familiengruppen von bis zu 15 Tieren. Sie verfügen über eine Vielzahl an sozialen Verhaltensweisen und ernähren sich von Baumsäften, aber auch von Insekten, kleineren Echsen, Früchten und Nektar.
Forschung mit Weißbüschelaffen am DPZ
Forschung mit Weißbüschelaffen am DPZ gibt es in den Bereichen Infektionsforschung, Stammzellforschung und in der Arbeitsgruppe Auditorische Neurowissenschaften. Prof. Dr. Tobias Moser vom Institut für Auditorische Neurowissenschaften und die Arbeitsgruppe Auditorische Neurowissenschaften am DPZ forschen an den Grundlagen zur Verbesserung der Hörqualität für Patienten mit Cochlear- Implantat.
Was ist ein Cochlear-Implantat?
Solch ein Cochlear-Implantat gilt heute als die erfolgreichste Neuroprothese und ermöglicht mittlerweile über 450.000 hörgeschädigten Menschen ein „relativ normales“ Hören beziehungsweise offenes Sprachverständnis. Das Cochlear-Implantat ersetzt die Funktion der Haarzellrezeptoren in der Hörschnecke (Cochlea) und stimuliert den Hörnerv direkt durch elektrische Impulse. Wie das funktioniert, zeigt das folgende Video:
Verbesserung der Hörqualität durch optische Stimulation in zukünftigen Cochlea-Implantaten
Die elektrische Stimulation des Hörnervs stößt in aktuellen Implantaten an seine Entwicklungsgrenzen in Bezug auf die Hörqualität. Die elektrische Stimulation des Hörnervs kann nur begrenzt und wenig zielgerichtet einzelne Bereiche des Hörnervs stimulieren. Dies führt zu einer Vermischung von Hörfrequenzen für die Patienten. Patienten können dadurch Störgeräusche schlecht filtern und haben beispielsweise wenig Freude an komplexen Geräuschen wie Musik. Die Stimulation des Hörnervs mit Licht-Impulsen anstatt mit elektrischen Impulsen verspricht eine verbesserte zeitliche und räumliche Auflösung der Impulse, die den Hörnerv erreichen. Die optische Stimulation des Hörnervs war bei Mäusen bereits erfolgreich. Um die Technik in Zukunft für den Menschen nutzbar zu machen, benötigt es experimentelle Versuche mit Tieren, die näher mit dem Menschen verwandt sind. Was die Forscher sich durch die neue Methode erhoffen, warum Weißbüschelaffen als Tiermodell dafür gut geeignet sind und wie die Forscher die Tiere zum mitmachen bewegen, erklärt das folgende Interview mit Wissenschaftlerin Josey Mintel aus der Arbeitsgruppe Auditorische Neurowissenschaften.
Ende
Vielen Dank...
…für Ihr Interesse an der Primatenhaltung des DPZ. Ich hoffe, Ihnen hat die Tour gefallen. Wenn Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne kontaktieren. Falls Sie die Primatenhaltung nicht nur virtuell sehen möchten, können Sie uns gerne besuchen und an einer geführten Tour durch das DPZ teilnehmen. Mehr Informationen über unsere Tiere, den Tierschutz und die Forschung an Primaten gibt es unter den folgenden Links.
Viele Grüße,
Uwe Schönmann
Mehr Infos: