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Wieselmakis bleiben als Paare Individualisten

Verhaltensforscher des Deutschen Primatenzentrums beschreiben ein neues Modell des monogamen Zusammenlebens bei Primaten
Ein Weißfuß-Wieselmaki in seinem Schlafbaum in den Wäldern von Madagaskar. Foto: Iris Dröscher
Ein Wieselmaki bei seinen nächtlichen Aktivitäten. Foto: Iris Dröscher
Ein Wieselmaki bei seinen nächtlichen Aktivitäten. Foto: Iris Dröscher
Verhaltensforscherin Iris Dröscher vom DPZ. Foto: Margrit Hampe
Verhaltensforscherin Iris Dröscher vom DPZ. Foto: Margrit Hampe
Peter Kappeler, Leiter der Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie, auf Madagaskar. Foto: Claudia Fichtel
Peter Kappeler, Leiter der Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie, auf Madagaskar. Foto: Claudia Fichtel

Iris Dröscher und Peter Kappeler vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen haben bei Feldforschungen auf Madagaskar ein ungewöhnliches Beziehungsmodell bei Primaten beschrieben. Weißfuß-Wieselmakis leben zwar als Paare zusammen in einem gemeinsamen Territorium, gehen sich dabei aber aktiv aus dem Weg.

Während einer einjährigen Feldstudie im Süden Madagaskars haben die beiden Forscher beobachtet, dass die nachtaktiven Weißfuß-Wieselmakis (Lepilemur leucopus) sich zwar als Paare ein Revier teilen, ansonsten aber nicht miteinander interagieren. Die soziale Organisation dieser bisher nur wenig erforschten Lemurenart wurde bis dato recht widersprüchlich beschrieben. Die Studie der Göttinger Forscher klärt nun das bei anderen Primaten in dieser Form noch nicht beschriebene Beziehungsmodell der Weißfuß-Wieselmakis. Männchen und Weibchen leben auch außerhalb der Paarungszeit zusammen und verteidigen ein gemeinsames Revier. Gemeinsames Kuscheln oder gegenseitige Fellpflege wurden aber in mehr als 1.500 Beobachtungsstunden nie gesehen. "Diese Art zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Paarpartner aktiv aus dem Weg gehen", sagt Iris Dröscher, Erstautorin der Studie und Doktorandin in der Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie.

Für ihre Forschungen beobachteten die Wissenschaftler eine Population von Weißfuß-Wieselmakis im Berenty Reservat und verfolgten ihre Bewegungen über Halsbänder mit Sendern. Dabei fanden sie heraus, dass direkte soziale Interaktionen zwischen Paarpartnern sich auf die einmal im Jahr stattfindende Paarung beschränkt. "Die gegenseitige Fellpflege ist bei vielen Primaten eine wichtige soziale Interaktion und stärkt die Bindungen zwischen den einzelnen Individuen. Bei Weißfuß-Wieselmaki-Paaren gibt es sie aber gar nicht", erklärt Iris Dröscher. "Auch zum Schlafen suchen die Partner unterschiedliche Bäume auf und sind niemals zusammen." Wenn die Weißfuß-Wieselmaki-Paare miteinander interagierten, dann verhielten sie sich dabei meist neutral und saßen einfach in geringem Abstand nebeneinander.

Da die Interaktion mit vielen Individuen in unterschiedlichen Situationen eine kognitive Herausforderung für die Tiere darstellt, ist soziale Komplexität eine wesentliche Triebkraft für die Entwicklung von Intelligenz bei Primaten. "Weißfuß-Wieselmakis zeichnen sich unter den Primaten durch ein Minimum an sozialer Komplexität aus, da sie nur selten und nur mit wenigen Artgenossen interagieren", sagt Studienleiter Peter Kappeler.

Mögliche Erklärungen dafür, warum Wieselmakis sich überhaupt als Paare ein Territorium teilen werden derzeit überprüft: Die Männchen wollen so eventuell verhindern, dass die Weibchen fremdgehen. Die Paarbindung könnte daneben auch dem Schutz des eigenen Nachwuchses dienen.

 

Originalpublikation: Iris Dröscher & Peter K. Kappeler (2013): Defining the low end of primate social complexity: The social organization of the nocturnal white-footed sportive lemur (Lepilemur leucopus). International Journal of Primatology. doi: 10.1007/s10764-013-9735-3.

 

Kontakt und Hinweise für Redaktionen

Prof. Dr. Peter Kappeler
Tel: +49 551 3851-376
E-Mail: pkappel(at)gwdg.de

Astrid Slizewski (Stabsstelle Kommunikation)
Tel: +49 551 3851-359
E-Mail: aslizewski(at)dpz.eu