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Zellkulturen

Es gibt Zellen, die nur wenige Tage in Zellkultur (in vitro) überlebensfähig sind. Andere Zellen überleben länger, aber allen gesunden spezialisierten Zellen ist gemein, dass sie eine begrenzte Lebensdauer in Zellkultur haben. Dies hat zur Folge, dass man immer wieder erneut Organe entnehmen muss, um daraus die entsprechenden Zellen für weitere Untersuchungen zu isolieren. Zu solchen Zellen gehören beispielsweise die peritubulären Zellen, die als Wandbestandteil der Samenkanälchen in den Hoden vorkommen.

Zellen für die Ewigkeit

Die Forschenden der Plattform Degenerative Erkrankungen am DPZ wenden erfolgreich Methoden an, um wiederholte Organentnahmen zur Gewinnung spezialisierter Zellen für Forschungszwecke zu vermeiden. Dafür wurden Zellen generiert und bereits in Experimenten eingesetzt, die unsterblich (immortalisiert) gemacht wurden und dabei weiterhin nach bisherigen Erkenntnissen ausdifferenziert sind. Das heißt, diese Zellen sind in der Lage, in Zellkultur vergleichbar reagieren und zu funktionieren wie direkt aus dem Gewebe isolierte Zellen. Sie sind aber weiterhin teilungsfähig ohne dabei ihre Funktion zu verlieren. Um dies zu erreichen, wurden die ausdifferenzierten Zellen mit der Telomerase „infiziert“, einem Enzym, das dafür sorgt, dass die Zellen unsterblich werden und langfristig in Zellkultur verwendet werden können. Untersuchungen haben gezeigt, dass die unsterblichen Zellen im Hinblick auf die 25 Hauptproteine, die in frisch isolierten Zellen aus Organen vorkommen, zu 97 Prozent übereinstimmen.

Erforschung von Unfruchtbarkeit mit Hilfe von Zelllinien

Peritubuläre Zellen spielen bei männlicher Unfruchtbarkeit vermutlich eine deutlich größere Rolle als bisher angenommen. Die unsterblichen peritubulären Zellen nicht-menschlicher Primaten werden dazu verwendet, ihre Funktion im Rahmen der Gesamtfunktion des Hodens zu untersuchen. Da einige nicht-menschliche Primaten einen dem Menschen sehr ähnlichen Aufbau des Hodens haben, werden diese am DPZ für derartige Studien eingesetzt, denn gesundes menschliches Hodengewebe steht meist nicht für Forschungszwecke zur Verfügung. Neben der Produktion des Hormons Testosteron ist die Bildung fruchtbarer Spermien die Hauptfunktion des Hodens. Zwischen 10 und 20 Prozent aller Paare mit Kinderwunsch sind ungewollt kinderlos. In circa 40 Prozent der Fälle ist diese ungewollte Kinderlosigkeit auf Fruchtbarkeitsprobleme beim Mann zurückzuführen. Langfristig helfen die unsterblichen peritubulären Zellen, mögliche Ursachen der männlichen Unfruchtbarkeit zu erforschen, um anhand dieser Erkenntnisse mögliche Therapien für die Betroffenen entwickeln zu können.

Spermienproduktion im Hoden und immortalisierte Zellen. Fotos: Rüdiger Behr (li.)/Nina Schmid (re.)
Links: Spermienproduktion im Hoden - grüner Pfeil: Spermien bei der Freisetzung; rote Pfeile: Peritubuläre Zellen in Kontakt mit Stammzellen; blaue Pfeile: Stammzellen der Spermienproduktion. Rechts: Immortalisierte peritubuläre Zellen in Kultur. Fotos: Rüdiger Behr (li.)/Nina Schmid (re.)

Unsterbliche Zelllinien in der Infektionsforschung

Der Einsatz von Zelllinien eignet sich auch zur Beantwortung diverser Fragestellungen in der Infektionsforschung. Da die bereits vorhandenen Zellkultursysteme die Tierversuche im Bereich der Infektionsforschung nur in begrenztem Umfang ersetzen können, werden neue permanente (unsterbliche) Zelllinien aus Geweben und Organen am DPZ entwickelt, die bei Virus-Infektionen wichtige „Angriffsziele“ darstellen wie beispielsweise Blut, das zentrale Nervensystem, die Lunge, die Leber und die Nieren. Die Effizienz der Virus-Infektion wird in diesen Zelllinien durch die Ausschaltung körpereigener Abwehrmechanismen, zum Beispiel des Interferon (IFN)-Systems, das eine wichtige Barriere gegen die Virus-Infektion darstellt, zusätzlich erhöht. Zudem werden Indikatorsysteme in die Zellen eingebaut, um die Virus-Ausbreitung möglichst schnell quantifizieren zu können.

Reduction und Replacement im Sinne der „3R“

Durch den Einsatz unsterblicher, aber funktionsfähiger Zellen werden wiederholte Organentnahmen zur Zellgewinnung vermieden oder auf ein Mindestmaß reduziert und der Einsatz von Tieren dadurch deutlich verringert. Durch die hohe Empfänglichkeit der nicht-menschlichen Primaten-Zelllinien gegenüber Virus-Infektionen wird der Bedarf an Primaten-Material für die Reisolierung von Viren aus infizierten Tieren verringert, das heißt eine ständige Entnahme von Blut und Geweben aus Primaten, welche für die Vermehrung der Viren benötigt werden, ist nicht mehr notwendig.

Kontakt

Prof. Dr. Rüdiger Behr Leiter Forschungsplattform Degenerative Erkrankungen +49 551 3851 132 +49 551 3851 431 Kontakt

Prof. Dr. Stefan Pöhlmann

Prof. Dr. Stefan Pöhlmann Abteilungsleiter Infektionsbiologie +49 551 3851-150 +49 551 3851-184 Kontakt